Was dem Gesundheitssystem gut tun würde

Veröffentlicht am 11.02.2010 in Presse

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MICHELSTADT Ist das deutsche Gesundheitswesen ein Tummelplatz für Abzocker? Oder vornehmer ausgedrückt: Bedienen sich Lobbyisten und Berufsverbände an einem gesetzlich organisierten ...Quo vadis, SPD? Die Seminarreihe „Quo vadis, SPD?“ wird heute (11.) mit dem Thema „Rente mit 67 oder nach 40 Versicherungsjahren“ um 19.30 Uhr im Mehrgenerationenhaus an der Michelstädter Kellereibergstraße fortgesetzt.

Ist das deutsche Gesundheitswesen ein Tummelplatz für Abzocker? Oder vornehmer ausgedrückt: Bedienen sich Lobbyisten und Berufsverbände an einem gesetzlich organisierten Markt, in dem die Gesundheit der Bevölkerung wie eine Ware gehandelt wird? Alle am System Beteiligten würden diese Behauptungen bestimmt weit von sich weisen, doch darf angesichts eines Volumens von 245 Milliarden Euro die Frage erlaubt sein, wer Einfluss auf die Verwendung dieser Gelder nimmt.

So sieht es Dietmar Glaßer (Solms), der von 1991 bis 1999 als Staatssekretär im Hessischen Sozialministerium für die Gesundheitspolitik im Land zuständig war. Wo seiner Meinung nach die Schwachstellen im System liegen und wohin die Reise gehen sollte, war Thema der Veranstaltung ,,Solidarische Bürgerversicherung oder Kopfpauschale". Der SPD-Ortsverein Michelstadt hatte dazu eingeladen. Zuerst die Pharmaindustrie: ,,Das gleiche Medikament kostet in Deutschland drei Mal so viel wie in der Schweiz", kritisierte der frühere Pflegedirektor am Gesundheitszentrum Odenwaldkreis, Gerd Schubart. Die Branche begründe dies mit den hohen Forschungskosten, die hierzulande zu Buche schlügen.

Dazu Glaßer: ,,Die Konzerne geben mehr Geld für die Werbung aus als für Forschung." Ein Großteil davon fließe in die Lobbyarbeit, was sich durchaus bezahlt mache: So sei Mitte der neunziger Jahre die von der SPD favorisierte so genannte Positivliste (Begrenzung auf rund 7500 Medikamente) im Bundesrat von jenen Ländern zu Fall gebracht worden, in denen die großen Pharmastandorte liegen.

Verflechtung mit der Politik: Längst gehöre zur Normalität, dass Vertreter der Pharmaunternehmen nicht nur als Berater tätig seien, sondern inzwischen auch bei der Ausarbeitung von Gesetzestexten mit an den Tischen säßen, so Glaßer. Die Folge: Die Preisbildung bleibe unkontrolliert (zum Vergleich: in der Schweiz legt die Regierung die Preise für Arzneimittel fest) ebenso die Medikamentenanzahl (Deutschland: 50 000, Schweiz: 5000). Teuer und unsinnig seien ferner die Packungsgrößen, ergänzte Schubert. Während in der Schweiz der Apotheker die tatsächlich benötigte Anzahl von Tabletten ausgebe, müssten in Deutschland unangetastete Arzneimittel weggeworfen werden, sobald die Verpackung geöffnet worden sei.

Kritik an den Ärzteverbänden und Praxen: Dass ein Patientengespräch beim Radiologen oder Augenarzt deutlich höher abgerechnet werden könne als beim Kinderarzt sei kein Zufall, sondern Lobbyarbeit der Kassenärztlichen Vereinigungen. Und - obwohl gesetzlich verboten - würden tagtäglich Privatpatienten beim Arztbesuch gegenüber gesetzlich Versicherten bevorzugt behandelt.

Glaßer sieht in dem von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) proklamierten Ziel einer schrittweisen Veränderung hin zu Pauschalbeiträgen mit Sozialausgleich (Stichwort: Kopfpauschale ) das Ende der gesetzlichen Krankenversicherung, der paritätischen Beitragszahlung wie der kostenfreien Mitversicherung von Familienangehörigen ohne Einkommen. Die Regierung schweige sich nicht ohne Grund über die tatsächliche Höhe des dann fälligen monatlichen Beitrags ebenso aus wie über die Anspruchsvoraussetzungen für den Sozialausgleich.

Die Runde begrüßte dagegen das SPD-Modell einer ,,solidarischen Bürgerversicherung" vom Dresdner Parteitag 2007. Mit einem paritätisch finanzierten Beitragssatz zwischen neun und zwölf Prozent (derzeit 14,9 Prozent), auf alle Einkommen prozentual gleich erhoben, ,,können die Leistungen für alle Versicherten gleich erbracht werden".

Kritische Stimmen merkten an, dass die Parteispitze in der laufenden Debatte Gesundheitsminister Rösler gewähren ließen, anstatt ihn mit dem eigenen Konzept zu widersprechen. ,,Vielleicht liegt es daran, dass es auch in der Partei welche gibt, die mit dem jetzigen System besser fahren", merkte Glaßer an. Für Versammlungsleiter Heinz Heilmann Anlass genug, um auf den Zweck der Veranstaltung hinzuweisen: ,,Die Basis muss sich wieder mehr Gehör verschaffen".

Quelle: Echo-online.de

 

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