Zum von Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP) für die Landesregierung vorgelegten Schulgesetzentwurf erklären Felix Diehl (Vorsitzender der Jusos Hessen), Günther Häfner (Landesvorsitzender der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft für Bildung) und Katharina Horn (stellv. Landesvorsitzende der AfB) in einer gemeinsamen Presseerklärung:
"Der von der Landesregierung vorgelegte Schulgesetzentwurf steht für schulpolitischen Stillstand. Weder gesteht die Landesregierung ihr katastrophales Scheitern mit der "G8-Schulzeitverkürzung" ein, noch unternehmen CDU und FDP die notwendigen Schritte für eine stärkere Leistungsorientierung und größere Chancengleichheit an hessischen Schulen. Wir sind enttäuscht, dass der Bildungserfolg in Hessen nach Ansicht von Ministerpräsident Volker Bouffier und Kultusministerin Dorothea Henzler weiterhin vom Geldbeutel abhängen soll", erklären Felix Diehl, Günther Häfner und Katharina Horn.
In der vorliegenden Form sei der Schulgesetzentwurf als "ungenügend" zu bewerten und deshalb nur für den Papierkorb geeignet. "Dorothea Henzler sollte den verspätet vorgelegten Schulgesetzentwurf zurückzuziehen und noch einmal grundlegend überarbeiten."
Nach Ansicht von Jusos und AfB wäre die Landesregierung gut beraten gewesen Vorschläge aus der Opposition für die Novelle des Schulgesetzes aufzugreifen. "Mit dem vorliegenden Entwurf setzen CDU und FDP ihre ideologische Schulpolitik zur Zementierung des dreigliedrigen Schulsystems fort. Bouffier und Henzler haben weder Vorschläge aus der Opposition aufgegriffen noch Gesprächsbereitschaft gezeigt. Das beweist, dass es Volker Bouffier tatsächlich nur um den Erhalt des zergliederten Schulsystems geht und nicht um sachliche Diskussionen mit allen Parteien zum Wohle von Hessens Schulen, wie er in seiner Regierungserklärung noch angekündigt hat", kritisiert Felix Diehl. Die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag hatte schon im September mit dem "Gesetz für Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit" einen eigenen Schulgesetzentwurf zur Beratung im Hessischen Landtag eingebracht.
"Die groß angekündigte Selbstständigkeit von Schulen als angebliches Vorzeigeprojekt dieser Landesregierung erweist sich als Papiertiger, da es hauptsächlich um die schulische Möglichkeit zum Umgang mit den ohnehin geringen schulischen Nebenhaushalten gehen soll und die Schulen ansonsten im Wesentlichen weiterhin am Gängelband der Schulaufsicht bleiben", kritisiert Günther Häfner. "Echte Selbstständigkeit als fundamentaler Baustein für mehr schulische Qualität und Selbstverantwortung, wie es die Ergebnisse internationaler Bildungsvergleichsstudien belegen, wird nicht ernsthaft als umfassendes Ziel verfolgt", so Häfner. Da die Schulen auch auf absehbare Zeit nicht die erforderlichen zusätzlichen Mittel für die Erledigung zusätzlicher Aufgaben bei mehr Selbstständigkeit erhalten, liegt der Verdacht nahe, dass diese Form der Selbstständigkeit lediglich dazu dient, Verantwortung für unzulängliche Bildungsvoraussetzungen an den Schulen vor Ort vom Kultusministerium auf die einzelnen Schulen abzuwälzen, stellen Diehl, Häfner und Horn fest.
Dass die Landesregierung ihre ideologischen Vorstellungen auch ohne Austausch mit den Bildungsbeteiligten durchsetzen wolle, belege auch der Umgang mit dem Landesschulbeirat, dem Eltern-, Lehrer- und Schülervertreter angehören. "Dem Landesschulbeirat soll bei der Einführung neuer Bildungsstandards lediglich ein Anhörungsrecht zustehen. Wir erwarten von der Landesregierung aber, dass Eltern, Schüler/innen und Lehrkräfte bei sie betreffenden Kernfragen mitentscheiden dürfen. Deshalb fordern wir ein echtes Mitbestimmungsrecht des Landesschulbeirates bei den Bildungsstandards", erklärt Katharina Horn. Völlig fehl am Platze ist nach Ansicht von Jusos und AfB die Heranziehung von Leiharbeitnehmer/innen für den Unterricht an hessischen Schulen. "Wir wollen an hessischen Schulen anständig bezahlte Profis. Deswegen fordern wir die ersatzlose Streichung des § 15b des Schulgesetzentwurfes der Landesregierung", erklären Diehl und Häfner.
Schließlich reagiere die Landesregierung mit ihrem Schulgesetzentwurf völlig unzureichend auf die Herausforderungen des demographischen Wandels. "Um wohnortnahe Schulangebote gerade in ländlichen Räumen zu erhalten, wäre die Zusammenlegung von Schulen in echten Gemeinschaftsschulen mit individueller Förderung notwendig. Mit der Mittelstufenschule als neuer Restschule versucht die Landesregierung stattdessen "ohne Rücksicht auf Verluste" an der Dreigliedrigkeit fest zu halten. Im Interesse der Schülerinnen und Schüler müssen Bouffier und Henzler ihre ideologischen Scheuklappen abnehmen und Realitäten endlich anerkennen", schließen Häfner, Horn und Diehl.