"Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die Einen Schutzmauern und die Anderen Windmühlen". Dieses chinesische Sprichwort kam mir in den letzten Tagen immer wieder in den Sinn, wenn ich die öffentliche Debatte verfolge, die die grüne Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid mit der Vorlage ihres neuen Entwurfs zum Teilplan Erneuerbare Energien 2018 im Odenwaldkreis losgetreten hat. Kein Thema polarisiert in diesen Wochen mehr als das der Windkraft. Während die Einen die neuen Windkraftpläne vehement verteidigen, bauen die Anderen Schutzmauern und gehen auf die Straße.
Für uns als SPD-Fraktion war von Anfang an klar, dass wir uns in der Debatte positionieren müssen. Voraussetzung hierfür war, ist und bleibt jedoch eine sachliche und unvoreingenommene Klärung der Frage der Zuständig- und der Verantwortlichkeiten.
"Ihr baut die Windräder!" – mit dieser Aussage wurden die Mitglieder meiner Fraktion in der Vergangenheit immer wieder konfrontiert. Als Kreistagsabgeordnete werden wir immer wieder an den Pranger für eine Energiepolitik gestellt, die wir weder zu verantworten, noch zu beschließen haben. Ich betone deshalb gleich zu Beginn meiner Ausführungen, dass es die Hessische Landesregierung in Wiesbaden war, die den drei Regionalversammlungen im Landesentwicklungsplan als Ziel vorgegeben hat, zwei Prozent der Landesfläche als Windvorranggebiete auszuweisen. Ferner war es die grüne Regierungspräsidentin, die den gemeinsamen Flächennutzungsplan der Odenwälder Städte und Gemeinden blockiert und uns nun einen Teilplan Erneuerbare Energien vorgelegt hat, der so von der Odenwälder SPD-Fraktion und von unseren beiden Mitglieder in der Regionalversammlung nicht mitgetragen werden wird. Wie wir bereits in unserer gemeinsamen Erklärung mit der CDU-Fraktion deutlich gemacht haben, sehen wir in den Plänen des RP ein erhebliches Schadenspotential für den Odenwaldkreis als Standort und Lebensraum.
Ich sage dies vor dem Hintergrund, dass wir uns keineswegs gegen die Energiewende stellen. Das möchte ich ausdrücklich hervorheben. Wir protestieren aber in aller Deutlichkeit gegen die ideologische Politik der Darmstädter Regierungspräsidentin, die darin gipfelt, dass der Odenwaldkreis (ich zitiere aus der FAZ vom 30.11.2018) "mit Windkraftanlagen über Gebühr belastet" werden soll.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir protestieren hier und heute dagegen, dass der Odenwald als hessischer Windkraft-Park herhalten soll, um Defizite, die an andere Stelle, beispielsweise im Taunus entstehen, zu kompensieren. Dies ist in höchstem Maße ungerecht und kann von uns so keinesfalls hingenommen werden!
Protest alleine wird hier allerdings nicht ausreichen. Im Namen der SPD-Fraktion appelliere ich deshalb an alle Verantwortlichen Farbe zu bekennen. Und damit meine ich nicht nur die politischen Entscheidungsträger in Wiesbaden, sondern auch die potentiellen Grundstückseigentümer. Es ist – und das muss hier auch mal in aller Deutlichkeit gesagt werden – nicht der Odenwaldkreis und schon gar nicht der Odenwälder Kreistag, der seine Flächen für Windanlagen zur Verfügung stellt. Nein, es sind die Grafenhäuser, die Kirchen und das Land Hessen selbst, die hier in der Verantwortung sind zu sagen: "Ja ich stelle mein Grundstück zur Verfügung!" oder: "Nein, ich tue dies nicht und setze damit ein Zeichen!"
Dass die Thematik in den letzten Wochen von Einzelnen, aber auch von der ÜWG-Opposition dazu genutzt wurde, um politisches Kapital daraus zu schlagen, hilft uns ebenfalls kein Stück weiter. So anerkennenswert der Einsatz der ÜWG-Fraktion für die heutige Sondersitzung auch ist, so deutlich möchte ich Sie aber auch mal an die Worte ihre Landrats Dietrich Kübler erinnern, der einst das Ziel ausgegeben hat, den Odenwaldkreis nach und nach auf 100 Prozent Erneuerbare Energien umzustellen - und das unter anderem auch mit Windkraftanlagen. Ich könnte Ihnen hierzu gerne aus der Ansprache Dietrich Küblers zur Nominierung zum Kandidaten der ÜWG für die Landratswahl aus dem Jahr 2015 zitieren. Das erspare ich Ihnen jedoch. Stattdessen frage ich Sie: Wie doppelzüngig ist das denn, sich in diesen Wochen an die Speerspitze der Windkraftgegner zu stellen, wenn man sich diese Fakten vor Augen führt? Ich sage Ihnen etwas: Es war die ÜWG im Odenwaldkreis, der die Windpolitik in der Vergangenheit federführend initiiert hat und gegen den Sie sich hier und heute als Don Quijotes im Kampf gegen die Windmühlen stellen.
Für die SPD im Odenwaldkreis sage ich in aller Deutlichkeit: Wir lehnen den Entwurf des Teilplans Erneuerbare Energien 2018 entschieden ab. Wir stehen jedoch nach wie vor hinter dem gemeinsamen Flächennutzungsplan der Odenwälder Städte und Gemeinden. Dieser Plan ist unser einzig wirksames Mittel, um einerseits unseren Beitrag zur Energiewende zu leisten und andererseits den Wildwuchs von Windanlagen zu verhindern und den Einzelinteressen kapitalkräftiger Investoren Einhalt zu gebieten. Wir beantragen deshalb folgenden Ergänzung zum ersten Punkt des vorliegenden ÜWG-Antrags: "Der Kreistag des Odenwaldkreises unterstützt weiterhin die Städte und Gemeinden im Hinblick auf eine gemeinsame Flächennutzungsplanung".
Mit dieser Ergänzung sind für uns die Punkte eins und drei des ÜWG-Antrags zustimmungsfähig. Zum Antrag über eine Weisung für die Mitglieder der Regionalversammlung hat der Kreistagsvorsitzende bereits erklärt, dass dieser rechtswidrig ist. Dem ist nichts weiter hinzuzufügen. Mit einer Aufforderung könnten wir leben, mit einer Weisung nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich schließe mit dem Appell an alle Fraktionen, unsere Odenwälder Linie zu unterstützen. Zeigen Sie sich mit dem Odenwaldkreis und seinem Landrat Frank Matiaske an der Spitze solidarisch! Sagen Sie nein zum Teilplan Erneuerbare Energien 2018 und kämpfen Sie mit uns gemeinsam für unseren gemeinsamen Flächennutzungsplan!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Raoul Giebenhain
Fraktionsvorsitzender