Begründung der SPD-Kreistagsfraktion zur Resolution bezüglich der Rücktrittsforderung an den Landrat

Veröffentlicht am 07.07.2014 in Landkreis

Die von uns mitgetragene Resolution- und hier haben wir es uns nicht leicht gemacht und auch keine Bauchentscheidung getroffen - beruht nicht auf Vermutungen, Gerüchten, Unterstellungen, Nichtwissen und ist auch keine Vorverurteilung des Landrats in dem von der Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahren gegen ihn. Maßgeblicher Punkt ist für uns vielmehr die vom Landrat selbst eingeräumte Tatsache, im Kreistag bei der Beantwortung von Fragen in einem wesentlichen Punkt die Unwahrheit gesagt bzw. gelogen zu haben.

Deshalb geht die von der CDU vorgetragene Begründung für eine Absetzung dieses Tagesordnungspunktes ins Leere.
Der Kollege Ruhr bemängelte im H + F, dass man allein aufgrund von Vermutungen und Verdächtigungen die Würde des Amtes als Institution und die des Landrates als Person nicht verletzen dürfe. Er benutzte den Ausdruck „auf dem Landrat herumtrampeln“. In diesem Punkt hat er meine, hat er unsere uneingeschränkte Zustimmung.

Im Umkehrschluss muss aber die Frage erlaubt sein: Habe ich, haben wir als Kreistagsmitglieder und der Kreistag als Institution nicht auch eine Würde, die es zu respektieren gilt und auf der man nicht ungerechtfertigt herumtrampeln darf?

Und eine Lüge des Landrats gegenüber allen ehrenamtlich tätigen Kreistagsabgeordneten ist nach unserer Auffassung eine grobe Verletzung von deren Würde und letztlich auch des Kreistags als dem obersten Repräsentationsgremium der Odenwälder Bevölkerung.

Dies gilt es  deshalb an dieser Stelle als Fakt eindeutig festzustellen, und Tatsache ist auch, dass uns das Recht zustehen muß, uns hiergegen zur Wehr zu setzen. Und genau dies tun wir mit der vorliegenden Resolution.

  • Der in der Resolution als Haupttatbestand angeführte Vertrauensverlust ist dabeifür die SPD-Fraktion aber auch nicht plötzlich vom Himmel gefallen und hat uns über Nacht erfasst.

Dem liegt vielmehr ein Erosionsprozess zugrunde, in dem sich allmählich Mosaik an Mosaik fügte. Seine Ursache hat dieser allmählicher Vertrauensverfall im Verhalten und Handeln des Landrats bei den Vorgängen, der Handhabung und dem Diskussionsprozess rund um das Standortmarketing.

Hierzu gehören in einer verkürzten Darstellung u.a.

  • Seine zögerliche und knappe Beantwortung von Fraktionsanfragen
  • Seine äußerste Reserviertheit und sein Schweigen bei Fragestellungen im Akteneinsichtsausschuss
  • die in seiner Verantwortung liegende, völlig unverständliche Zurückhaltung wesentlicher Informationen gegenüber dem Kreisausschuss bei der Vergabeentscheidung und die mangelhafte Offenheit und Transparenz hierbei
  • sein Verhalten als Aufsichtsratsvorsitzender in der Odenwald-Tourismus GmbH. Die Initiierung des Gesprächs am 5.5.2014 „hinter den Kulissen“ in den Geschäftsräumen eines Auftragnehmers, der gegen die Gesellschaft Klage führt, mit einem sehr eigenwillig erscheinenden Teilnehmerkreis ohne Information der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates sehen wir als grobe Pflichtverletzung in diesem Amt, mit dem der Landrat eine sehr verantwortungsvolle Kontroll- und Schutzfunktion für die maßgeblich vom Kreis getragene Gesellschaft ausübt. Vor diesem Hintergrund hat die im Kreistag vom Landrat wissentlich falsch beantwortete Frage auch ein bedeutendes inhaltliches Gewicht. Wir fragen uns in diesem Zusammenhang auch, warum er das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden inzwischen ruhen lässt, wenn seiner Meinung nach all seinHandeln hierbei  in Ordnung  und rechtmäßig war ?

All dieses Verhalten und Handeln hat den Erosionsprozess ausgelöst und sukzessive angetrieben. Hierzu zählt letztlich auch das  bis heute andauernde miserable Krisenmanagement des LA bezügl. des Standortmarketings, das eine beschleunigende Rolle gespielt hat.

Und nun kommt hier noch die offenkundige Unwahrheit bzw. Lüge im Kreistag gewissermaßen als Kulminationspunkt hinzu, die zum endgültigen Vertrauensverlust führte; denn mit der Lüge entzieht man dem belogenen Partner die Vertrauensbasis. Das ist im politischen Bereich nicht anders wie auf privatem oder geschäftlichem Gebiet.

  • Und wenn ich von der Verletzung der Würde der Kreistagsmitglieder sprach, so möchte ich hier für uns als SPD-Fraktion noch erschwerend anfügen:

Als seitheriger Partner des Landrats sind auch das Selbstwertgefühl und insbesondere unsere Selbstachtung als Fraktion durch diese Unwahrheit  mehr als nur tangiert, zumal wir die Fragesteller waren.

Uns ist durchaus bewusst, dass die vorliegende Resolution ein schweres Geschütz ist, das ins Feld geführt wird, aber für uns ist das Fass durch die Lüge nun übergelaufen.

  • Aber all dies scheint der Landrat in seiner Selbsteinschätzung nicht begreifen bzw. wahrhaben zu wollen. Statt endlich einmal kritische Selbstreflexion zu betreiben, wähnt er sich weiterhin als unschuldiges Opfer von Intrigen und publiziert das auch nach außen.

Kräftige Unterstützung findet er in diesem Punkt bei der CDU, dessen Fraktionsvorsitzender, der Kollege Buschmann, vor drei Jahren in einer Haushaltsrede den Landrat noch als provinziell abstempelte. Eine wundersame Wandlung. Ich meine, dass die Betroffenheit durch eine Lüge eigentlich keine Parteigrenze kennen sollte und deshalb über diese hinaus ihre Wirkung entfalten und  Widerstand  und Inakzeptanz  hervorrufen sollte.

  • Bei all dem könnte man an dieser Stelle nun aber die endlich nach langer Zeit (5 Wochen nach der letzten Kreistagssitzung) erfolgte Entschuldigung des Landrats anführen. Dies erwähnte der Kollege Ruhr auch im H + F.

Diese Entschuldigung hätte auch zweifellos dann eine mildernde Wirkung, wenn sie als glaubhaft akzeptiert und angenommen werden könnte. Dies ist bei uns nicht der Fall.

Selbst unter der Annahme, dass in der Kreistagssitzung eine persönliche Betroffenheit vorlag, muss man in der verantwortungsvollen Wahrnehmung eines herausragenden politischen Wahlamtes dennoch den Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge klar erkennen. Hier gibt es keinen fließenden Übergang. Dem Landrat musste doch bewusst sein, dass er im Hinblick auf die Sensibilität des gesamten Vorgangs nur durch eine transparente, vollständige und wahrheitsgemäße Darstellung weiteren Schaden für seine Person vermeiden kann. Für eine Schockstarre, die als Begründung angeführt wurde, dürfte jedenfalls der vorgelegene Antrag der Grünen kaum ausgereicht haben.

Im Besonderen wird die Glaubwürdigkeit der Entschuldigung durch die Tatsache widerlegt, dass der Landrat die im Kreistag gegebene falsche Darstellung vier Tage nach der Kreistagssitzung in einer umfänglichen Presseerklärung wiederholte und damit letztlich auch die breite Öffentlichkeit unwahr unterrichtet hat.

Spätestens hier hätte ihm, nachdem die Schockstarre sicherlich weggefallen war, die Tragweite seiner Darstellung bewusst sein müssen.

Die Begründung, Fragen nicht richtig verstanden und deshalb falsch beantwortet zu haben, stellt sich für uns vor diesem Hintergrund als untauglicher Versuch einer Ausrede dar und zeugt keineswegs von einem wirklichen Unrechtsbewusstsein des Landrats in dieser Angelegenheit.

Für mich, der ich auch einer der  Adressaten dieser Begründung bin und die ich ja letztlich glauben  sollte, stellt dies deshalb eine Beleidigung meiner – wohl immerhin in Ansätzen vorhandenen – Intelligenz dar.

Für uns als SPD-Fraktion ist dies nichts anderes als der Versuch einer Vorwärtsstrategie; denn wer mit dem Rücken an der Wand steht, kann letztlich nur nach vorne gehen.

  • Aber auch hier wird das mangelhafte Krisenmanagement wieder deutlich erkennbar, denn
  • Anstatt mannhaft zu sagen: „ich habe die Unwahrheit gesagt“ wird der Versuch unternommen, eine höchst zweifelhafte Begründung für das Fehlverhalten zu finden.
  • Anstatt „ohne wenn und aber“ zu seinem Fehler zu stehen, mündet die Entschuldigung in die fast schon vorwurfsvolle Gegenfeststellung, die Fraktionen hätten Informationsangebote von ihm nicht genutzt. Als könnte dies eine Rechtfertigung dafür sein, Fragen in einer öffentlichen Kreistagssitzung falsch zu beantworten.
  • Anstatt jedem Mitglied des Kreistages persönlich eine entsprechende Entschuldigung zukommen zu lassen und damit dessen persönliche Wertschätzung  ausdrücklich zu unterstreichen, sollte diese Entschuldigung lediglich durch die Fraktionsvorsitzenden transportiert werden, als wäre dies ein TOP wie jeder andere. Auch hier wird mit der Würde des einzelnen Kreistagsmitgliedes fahrlässig umgegangen. Von Fingerspitzengefühl im Umgang mit dem Kreistag kann hier auf keinen Fall die Rede sein.

Unseres Erachtens kann man dieses Krisenmanagement durchaus auch als ein deutliches Zeichen der Überforderung in diesem Amt interpretieren, woraus sich auch die Frage nach persönlichen Konsequenzen ableiten lässt.

  • Vielleicht hätten die Mitglieder der CDU-Fraktion auf diese persönlich  addressierte Entschuldigung auch gerne verzichtet, denn außer publizierten Verschwörungstheorien und dem Versuch, Dolchstoß-Legenden gegen die SPD aufzubauen, habe ich bis heute von ihr zum Kernpunkt, nämlich der Lüge des Landrats, noch keine einzige Silbe vernommen. Das ist doch sehr verwunderlich, denn letztlich wurde die Unwahrheit auch gegenüber der CDU ausgesprochen. Aber  ich gehe davon aus, dass die Unwahrheit im Verhaltenskodex der CDU-Fraktion genau so wenig Platz hat, wie bei all den anderen.
  • Natürlich kann man hier auch die Frage stellen, ob diese Resolution eigentlich HGO-konform ist? Wir stimmen dem Kollegen Ruhr zu, der im H+F erläuterte, dass die HGO eine Rücktrittsforderung nicht vorsehe. Dies ist rechtlich völlig richtig.

Unsere Resolution beruft sich aber  ausdrücklich auch nicht auf entsprechende HGO-Regelungen. Sie appelliert vielmehr an das Ehr- und Anstandsgefühl, aus einem gravierenden Fehlverhalten die persönlichen Konsequenzen zu ziehen. Dies ist nicht erzwingbar und muss daher auch nicht im Regelwerk der HGO stehen.

Wir beziehen uns mit dieser Forderung schlicht und einfach auf den Wertekatalog für zwischenmenschlich fairen Umgang, der nach unserer Meinung über der HGO stehen sollte.

Es ist deshalb auch einzig und  allein die Person und die Persönlichkeit des Landrates hier gefordert.

  • Und ich möchte zum Schluss unserer Begründung auch nochmals deutlich machen, dass es hier nicht um politische Gegensätzlichkeiten,daß es auch nicht  um unterschiedliche politische Grundsätze daß es nicht um Parteipolitik  und daß auch nicht um die Konzeption des Standortmarketings geht.

Es geht uns und hier einzig und allein um die Bewertung des persönlichen Verhaltens und Handelns des Landrats, das einzig er zu verantworten hat. Wir bedauern daher, dass unsere langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit von der ÜWG aufgekündigt wurde. Wir werden aber deshalb keine prinzipielle Opposition betreiben und uns in die erforderlichen Sachentscheidungen wie seither einbringen und dort zustimmen, wo wir es für angebracht halten.

Dies gilt ausdrücklich auch für die Vorschläge, die der Landrat unterbreitet.

Günter Verst
Fraktionsvorsitzender

 

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