Landrat Dietrich Kübler lobt das Verhalten der CDU-Fraktion ihm gegenüber. Diese Nähe hat es zu Beginn seiner Amtszeit schon einmal gegeben, als man gemeinsam versuchte, die Jagdsteuer abzuschaffen. Dies hätte einen Einnahmeverlust von über 100.000,00 Euro für den Odenwaldkreis bedeutet. Die SPD-Fraktion hat dies gemeinsam mit den Fraktionen der Grünen und der Linken verhindert. Es verwundert uns, dass die CDU zum eigentlichen Problemfall keine Stellung bezieht, denn letztlich wurden die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion genauso vom Landrat in der Kreistagssitzung belogen wie alle anderen.
Offenbar ist der Fraktion die schon lange angestrebte Nähe zum Landrat wichtiger als die Wahrheit. Der Sinneswandel der CDU ist für uns schon deshalb erstaunlich, weil noch vor wenigen Jahren der CDU-Fraktionsvorsitzende in einer Haushaltsrede den Landrat als provinziell klassifizierte. Es muß nach CDU-Auffassung also schon eine erstaunliche Veränderung des Landrates erfolgt sein.
Wir sind über die Reaktion und die Vorwürfe des Landrates erstaunt, denn wir haben im Kreistag alle seitherigen Maßnahmen einschließlich der Haushalte mitgetragen. Nun hält er uns eine Kampagne gegen ihn vor. Es war nicht die SPD-Fraktion, die im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren des Standortmarketings an die Firma Lebensform die erfolgten und noch andauernden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Landrat hervorrief. Auch haben wir im Kreistag nicht den in der Geschichte des Kreistages erstmals tätig gewordenen Akteneinsichtsausschuss gefordert, der die Vergabe untersuchte. Allerdings haben wir uns mit Recht scharf dagegen ausgesprochen, dass der Landrat wichtige Stellungnahmen des Rechtsamtes dem Kreisausschuss bei der Beschlussfassung vorenthalten hat. Im Mittelpunkt der Geschehnisse stand und steht einzig das Verhalten des Landrates.
Auch hat sich nicht die SPD-Fraktion, sondern der Landrat für die Firma Lebensform stark gemacht, als diese nach Auffassung der Geschäftsführung der Tourismus GmbH ungerechtfertigte finanzielle Forderungen gegen die Tourismus GmbH stellte. Als Aufsichtsratsvorsitzender hat er eigentlich zunächst die Interessen seiner GmbH zu vertreten. Nun lässt er dieses Mandat ruhen. Warum, wenn alles in Ordnung ist?
Und als Schlusspunkt hat er die SPD-Fraktion und alle anderen im Kreistag bei der Beantwortung unserer Fragen belogen. Nicht die SPD-Fraktion hat ihn belogen. Und nach all dem wundert er sich, dass die SPD-Fraktion nicht mehr bereit ist, in Nibelungentreue zu ihm zu stehen. Dies ist schon erstaunlich.
Dies hat wenig mit Parteipolitik zu tun, wie er es uns nun vorwirft. Aber dies hat sehr viel mit Selbstachtung der Fraktion und mit Vertrauen als Kreistagsmitglied zu tun und damit, wie weit man bereit ist, Zweifelhaftes mitzutragen. Diese Bereitschaft ist bei uns nicht mehr vorhanden, denn Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen. Und den Belogenen entzieht man mit der Lüge die Vertrauensbasis. Vielleicht sollte der Landrat in einer Selbstreflexion hierüber einmal nachdenken.
Die Vorwürfe gegen Oliver Grobeis betrachten wir daher als reines Ablenkungsmanöver vom eigenen Fehlverhalten, denn die von ihm vermutete angebliche Kampagne der SPD wurde nicht durch die Bekanntgabe der erneuten Kandidatur sondern durch seine jetzige Lüge ausgelöst.
Die SPD-Fraktion ist sich ihrer Verantwortung für den Kreis und seine Bevölkerung wie schon in der Vergangenheit bewusst und wird dieser gerecht werden. Wir werden nun keine Opposition als Prinzip betreiben. Alle anstehenden Sachentscheidungen werden wir inhaltlich bewerten und hiernach entscheiden. Dies schließt ausdrücklich auch ein, dass wir Vorschlägen des Landrates zustimmen, wenn wir diese für den Kreis als richtig erachten. Auch seither gab es in der Sache keinen Dissens. Dieser besteht ausschließlich im persönlichen Verhalten des Landrates und dem hiermit verbundenen Vertrauensverlust.
Wenn er uns Parteipolitik vorhält, die Vorrang vor der Verantwortung für den Kreis habe, so ist dies entschieden zurückzuweisen.
Offenbar ist er der Auffassung, wer gegen ihn sei, sei auch gegen den Kreis. Hieraus spricht ein gerüttelt Maß an Fehleinschätzung und Selbstüberschätzung.
Abschließend möchten wir festhalten, dass es ein selbstverständliches und legitimes Ziel jeder politischen Partei und Gruppierung ist, eine Führungsposition zu besetzen, wenn sich hierfür die Möglichkeit ergibt. Deshalb kämpft man bei Wahlen schließlich um Mehrheiten.
Für die SPD-Fraktion
gez. Günter Verst
Fraktionsvorsitzender