Stellungnahme der SPD-Fraktion zum Kreishaushalt 2017

Veröffentlicht am 06.02.2017 in Landkreis

Herr Vorsitzender, Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, Haushaltsberatungen gelten in der parlamentarischen Demokratie als "Sternstunde" des Parlaments. Sie sind Anlass für die Regierungsfraktionen Bilanz zu ziehen, für die Opposition Kritik zu artikulieren und letztlich für alle Fraktionen auch der Moment die eigenen politischen Vorstellungen zu präsentieren, Ziele und Ideen aufzuzeigen, aber auch und insbesondere unter Beweis zu stellen, wie fundiert diese Ziele und Vorstellungen im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzpolitische Realisierbarkeit sind. Für die SPD-Fraktion als stärkste Fraktion und damit auch als Regierungsfraktion möchte heute beides versuchen.

Ich möchte auf der einen Seite konkret auf die finanzpolitische Situation des Odenwaldkreises eingehen, auf der anderen Seite aber auch eine Bilanzierung unserer Arbeit in der Großen Koalition vornehmen und dabei die Brücke zur wirtschaftlichen Lage, die meines Erachtens auch Spiegelbild des politischen Erfolgs oder Misserfolgs einer Regierung ist, schlagen.       
Wir beraten und beschließen heute über eine Haushaltssatzung sowie einen Haushaltsplan die im ordentlichen Ergebnis Erträge von 153,3 Millionen Euro und Aufwendungen von 158,8 Millionen Euro aufweisen. Der Fehlbedarf beläuft sich somit auf knapp 5,5 Millionen Euro. Der im Zuge der Vereinbarungen mit dem Land Hessen zum Kommunalen Schutzschirm bis einschließlich 2020 vertraglich vereinbarte Konsolidierungspfad wird, wie im zurückliegenden Jahr, wieder eingehalten. Wir sind optimistisch, dass die Reduzierung des Defizits bis hin zum angestrebten Haushaltsausgleich 2020 möglich sein wird. Dies stimmt positiv und spricht für den nachhaltigen und verantwortungsvollen finanzpolitischen Kurs der Großen Koalition. Und ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass wir als SPD-Fraktion Wort gehalten haben. Unsere Zustimmung zum Beitritt zum Kommunalen Schutzschirm war mit der Bedingung verbunden, dass es mit uns unter keinen Umständen zu Sozialabbau kommen wird. Ich stelle fest, dass entgegen anderslautenden Behauptungen der soziale Bereich bis heute von sämtlichen Konsolidierungsmaßnahmen unangetastet geblieben ist und Sie können sich sicher sein, dass wir dafür auch in Zukunft streiten werden.  
Jedoch sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass die Finanzierung des dargestellten Defizits auch in Zukunft nur durch die Aufnahme weiterer Kassenkredite möglich sein wird. Von der Gesamtsumme der Entschuldungshilfe wurden mittlerweile 27,3 Millionen Euro zur Ablösung von Kassenkrediten verwandt. Der Zinsaufwand der nach wie vor steigenden Kassenkredite entwickelt sich auf Grund des niedrigen Zinsniveaus moderat. Hinsichtlich der nicht hervorsehbaren Zinsentwicklung wurde eine durchschnittliche Verzinsung der Kassenkredite in der Planung mit 0,25 Prozent festgelegt. Ob dieser Ansatz haltbar ist, bleibt abzuwarten.      
Grundsätzlich sollten wir uns an dieser Stelle keine falschen Hoffnungen machen. Gerade der Ausblick auf künftige Genehmigungsverfahren macht deutlich, dass ein Hauptaugenmerk auf den sich kumulierten Kassenkreditbeständen liegen wird. Folglich werden wir uns mit Fragen über Abbaupfade und Abbauzeiträume auseinandersetzen müssen. Denn bereits für das Jahr 2018 sind Vorgaben im Finanzplanungserlass beabsichtigt. Ob es zu Übergangsregelungen für Schutzschirmkommunen mit längeren Abbaupfaden kommen wird, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Wir müssen dies aber im Blick behalten.
An dieser Stelle komme ich auf die Hebesätze der Kreis- und Schulumlage zu sprechen: Diese bleiben im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Von den in 2017 angeführten Kreisschlüsselzuweisungen in Höhe von 28,5 Millionen Euro werden zur Finanzierung von Investitionen 695.000 Euro in den Finanzhaushalt übertragen.      
In diesem Zusammenhang möchte ich den Teilfinanzhaushalt 3 besonders hervorheben. Die Schul- und Bildungspolitik ist und bleibt einer der zentralen politischen Aufgaben unserer Politik. Wir haben es im Odenwaldkreis über Jahrzehnte hinweg möglich gemacht, das jedes Kind wohnortnah ein individuell passendes Bildungsnagebot zur Verfügung gestellt bekommt. Um dies zu gewährleisten, investieren wir jährlich in die Sanierung und den Erhalt unserer Bildungseinrichtungen. Und machen wir uns nichts vor: Gute Bildung kostet Geld. Im Haushaltsplan wird dies besonders deutlich, wenn wir uns beispielsweise die steigenden Aufwendungen für Mieten und Mietnebenkosten ansehen. Dennoch können wir auf die Ergebnisse unserer Schulpolitik stolz sein. Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle unserem Schuldezernenten und heute wiedergewählten Ersten Kreisbeigeordneten Oliver Grobeis, aber auch dessen Vorgänger Dr. Michael Reuter, mit deren Namen die erfolgreiche Bildungs- und Schulpolitik des Odenwaldkreises in Verbindung gebracht wird.       
Dank der Mittel aus dem Kommunalen Investitionsprogramm investieren wir in diesem Jahr insbesondere in die energetische Sanierung, aber auch in die Modernisierung und Standortsicherung unserer schulischen Infrastruktur. Zu den zentralen Projekten dieses Jahres zählen unter anderem die Umsetzung des Projekts "Bildung integriert" sowie der Neubau eines Schulschwimmbads an der Ernst-Göbel-Schule in Höchst. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Mobilität im ländlichen Raum. Das Projekt "Garantiert Mobil" wird auch die Menschen in den kleinen und zum Teil abgelegenen Dörfern unseres Landkreises erreichen und versorgen.       
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme auf den Teilhaushalt 2 zu sprechen, der uns ebenfalls sehr wichtig ist. In der Produktgruppe Kommunales Jobcenter ist in diesem Jahr eine Reduzierung des Planungsansatzes in Höhe von rund 1,17 Millionen Euro ausgewiesen. Dies basiert auf einen Rückgang der Fallzahlen und einer Erhöhung des Bundesanteils an den Kosten der Unterkunft. In der Produktgruppe "Soziale Sicherung" ergibt sich eine Erhöhung des Planungsansatzes gegenüber dem Vorjahr um rund 1,29 Millionen Euro aufgrund des Anstiegs der Fallzahlen. Und auch hier wird deutlich, dass ein funktionierender Sozialstaat Geld kostet. Doch das muss es uns wert sein: Denn auch im Jahr 2017 klafft die Schere zwischen arm und reich in diesem Land immer weiter auseinander. Wenigen Reichen und Superreichen stehen immer mehr arme und sozial schwache Menschen gegenüber. Und selbst der jüngste Armut- und Reichtumsbericht der Bundesregierung kommt zu dem Ergebnis, dass der Aufschwung an Millionen Menschen vorbei geht. Für sie braucht es einen starken Staat und eine solide Sozialpolitik. Mit großer Sorge haben wir die Entwicklung bei der Firma Trelleborg/Vibracoustic in Breuberg wahrnehmen müssen. Als SPD-Fraktion solidarisieren wir uns mit den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Breuberg. Wir unterstützen unsere Freunde aus den Gewerkschaften in ihrem Kampf um jeden Arbeitsplatz und machen an dieser Stelle unseren Standpunkt deutlich. Unseren Landrat Frank Matiaske unterstützen wir in seinen Bemühungen alle arbeitsmarktpolitischen Möglichkeiten des Kreises zu nutzen, um den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern alternative Beschäftigungen in der Region zu vermitteln, aber auch gemeinsam mit Bürgermeister Jörg Springer Perspektiven für den Standort zu entwickeln.      
Ebenso wie die Arbeitsmarktpolitik gehören zu einer guten Sozialpolitik aber auch die Bereiche Lohn- und Tarifpolitik. Die im Haushaltsplan ins Auge stechende Personalkostensteigerung um rund 1,43 Millionen Euro resultiert unter anderem aus der Besoldungserhöhung für die Beamten sowie auf die anstehenden Tariferhöhungen für unsere Beschäftigten um 2,35 Prozent. Auch hier gilt: Eine gerechte Lohn- und Tarifpolitik kostet Geld. Und: wer hart arbeitet, muss am Ende eines Monats auch genug Geld in der Tasche haben, um seine Familie anständig ernähren zu können, ohne den Sozialstaat zusätzlich noch um Unterstützung bitten zu müssen.           
Auch im Bereich der Umwelt- und Energiepolitik setzt die Große Koalition Zeichen. Zu Beginn dieses Jahres haben wir uns in einer gemeinsamen Fraktionssitzung mit den Klimaschutzmanagern des Odenwaldkreises getroffen und unsere Unterstützung für die Förderung der Elektromobilität im Odenwaldkreis artikuliert. Als Kreis wollen wir hier mit gutem Beispiel voran gehen und eine Vorreiterstellung einnehmen. Auch Millionen-Investitionen für Erweiterungen und Erneuerungen des Gesundheitszentrums in Erbach bilden sich im Haushalt 2017 ab. Mit der Bereitstellung dieser Mittel stärken wir den Gesundheitsstandort Odenwaldkreis zum Nutzen der Bevölkerung. Die Neueröffnung der Psychiatrie steht darüber hinaus kurz bevor und schafft immerhin 70 - 80 neue Arbeitsplätze.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sie sehen: Der Odenwaldkreis ist auf einem guten Weg. Ein ausgeglichener Haushalt ist das baldige Ziel. Und die Zeichen dafür stehen gut. Allein bei der OREG konnte der Zuschuss bisher um fast eine halbe Million Euro reduziert werden, obwohl wir die Wirtschaftsförderung weiterentwickelt und durch den Beitritt zur Standortmarketinggesellschafft FrankfurtRheinMain perspektivisch gestärkt haben. Die laufenden Neustrukturierungsüberlegungen werden darüber hinaus bald deutliche strukturelle, aber auch finanzielle Verbesserungen mit sich bringen. Und auch hieran wird deutlich, dass die Koalition die Dinge mutig angepackt und etwas bewegt.          
Als SPD-Fraktion ziehen wir nach gut einem Jahr deshalb auch eine positive Bilanz unserer Regierungsarbeit mit unserem neuen Partner, der CDU-Fraktion an unserer Seite. In einer bewegten und unsicheren Zeit, in einer Zeit in der mit Hass und Populismus versucht wird Ängste zu schüren und in einer Zeit, in der sich unsere parlamentarische Demokratie Angriffen ausgesetzt sieht, wie wir sie zuletzt in der Weimarer Republik erleben mussten, in einer solchen Zeit sorgen wir als demokratische Volksparteien für Sicherheit und Verlässlichkeit für die Menschen unserer Region!  
Wir machen heute und darüber hinaus deutlich, dass wir entgegen der Hetze der Rechtspopulisten unsere Arbeit gut machen! Wir sind und bleiben Anwalt aller Bürgerinnen und Bürger unseres Kreises, insbesondere aber auch jener, die Ängste haben und sich fürchten. Willy-Brandt hat einmal gesagt: "Politik taugt nur etwas, wenn sie das Leben der Menschen besser macht". Und genau das tun wir, indem wir soziale Gerechtigkeit zum Credo unserer politischen Arbeit machen. Und wir tun dies ganz konkret, indem wir soziale Gerechtigkeit auf die sozialen Bedürfnisse der Menschen in unserem Landkreis ausrichten. Die Freiheit des Einzelnen in Verbindung mit Demokratie, und sozialer Gerechtigkeit sind die stärksten und attraktivsten Ideen, die je in eine politische Ordnung gegossen wurden. Durch unser erfolgreiches kommunalpolitisches Handeln, das sich im Haushalt 2017 wiederspiegelt, beweisen wir, dass die offene Gesellschaft und die soziale Demokratie stärker, gerechter und erfolgreicher sind als alles, was die Gegner der Demokratie zu bieten haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbstverständlich wird die SPD-Fraktion dem Haushalt heute ihre Zustimmung erteilen. Dies gilt sowohl für die Haushaltssatzung und den Haushaltsplan, als auch für den Wirtschaftsplan für den Eigenbetrieb Bau- und Immobilienmanagement für das Wirtschaftsjahr 2017. Ich bedanke mich bei der Verwaltung, namentlich bei unserem Landrat Frank Matiaske und Herrn Schäfer für die Erstellung des Zahlenwerks nebst Anlagen und bei Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

Raoul Giebenhain
Fraktionsvorsitzender

 

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